Tinnitus-Behandlung – was hilft?

Tinnitus-Behandlung: Mann mit Kopfhörern bei der HNO-Ärztin.

Bei der Behandlung eines Tinnitus zählt vor allem eines: Schnelligkeit. Je früher Du zum Arzt gehst, desto besser sind die Erfolgschancen der Therapie. Aber auch ein Tinnitus, der Dich schon länger quält, ist kein Grund zu kapitulieren. Abhängig von Art und Ursache des Ohrgeräuschs gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um die Beschwerden zu lindern – wir zeigen sie Dir!

Alle Themen im Überblick:

Akuter Tinnitus – welche Medikamente helfen?

Bei Beschwerden, die seit weniger als drei Monaten bestehen, handelt es sich um einen akuten Tinnitus1. Abhängig von der diagnostizierten Ursache des akuten Tinnitus gibt es verschiedene Möglichkeiten der Behandlung, unter anderem mit Medikamenten.

Mögliche Gründe eines akuten Ohrensausens sind zum Beispiel:

  • Ohrenerkrankung wie Mittelohrentzündung oder Erkrankung des Innenohrs
  • Hörsturz
  • Knalltrauma oder Explosionstrauma
  • Fehlstellung oder Verletzung der Halswirbelsäule
  • Fehlstellung des Gebisses oder Kiefergelenksbeschwerden

Folgende Medikamente können bei akutem Tinnitus helfen:

  • abschwellende Medikamente
  • durchblutungsfördernde Medikamente
  • Antibiotika

Je nach Ursache sind auch diese Maßnahmen sinnvoll:

  • Krankengymnastik
  • kieferorthopädische Behandlung
  • Verwendung eines Hörgeräts

Es gilt also: Kennst Du den Auslöser für Dein Ohrgeräusch, kannst Du es besser behandeln. Aus diesem Grund ist eine ausführliche Tinnitus-Diagnose besonders wichtig für die Therapie.

Kann ein chronischer Tinnitus wieder verschwinden?

Dauern die Beschwerden bereits mindestens drei Monate an, ist die Rede von einem chronischen Tinnitus1. Bei den meisten Patienten geht ein chronischer Tinnitus nie ganz weg. Es gibt jedoch Wege, ihn zu lindern oder zu reduzieren. Zu den gängigsten gehören etwa die kognitive Verhaltenstherapie, verschiedene Entspannungsmethoden und die Verwendung eines Hörgeräts, wenn eine Hörminderung vorliegt.

Wenn das Ohrensausen nicht mehr weggeht

Ob ein chronischer Tinnitus vorliegt, wie er sich genau auswirkt und was dagegen hilft:

Kognitive Verhaltenstherapie: Den Tinnitus entstressen!

Eine gute Möglichkeit, einen Tinnitus in den Griff zu bekommen, ist die sogenannte kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Die aktuelle Europäische Tinnitus-Leitlinie spricht eine starke Empfehlung für diese Form der Tinnitus-Behandlung aus2. In den Sitzungen lernst Du, so mit Deinem Ohrgeräusch umzugehen, dass es Dich im Alltag nicht mehr einschränkt und weniger belastet. Die Tinnitus-Therapie kann einzeln oder in Gruppen erfolgen und orientiert sich meist an einem validierten Therapiehandbuch (sogenannte manualisiert-strukturierte KVT).

In der Folge wird Deine Aufmerksamkeit zunehmend weniger auf den Tinnitus gelenkt und Dein Selbstvertrauen im Umgang mit dem Tinnitus gestärkt, sodass die störende Wahrnehmung des Ohrgeräuschs im Alltag sich deutlich reduziert.

Das Prinzip der Verhaltenstherapie beruht auf dieser Annahme: Unser Denken beeinflusst, wie wir uns fühlen und wie wir uns in Situationen verhalten. Es hat auch wesentlichen Einfluss darauf, wie wir körperlich auf Anforderungen reagieren, ob wir Stress empfinden oder nicht. Das heißt, unsere Gedanken und dabei vor allem unsere Einstellungen entscheiden, ob wir in der Lage sind, den Tinnitus als Stressfaktor zu bewältigen. Deshalb ist die KVT auf die Einstellung des Patienten zum Tinnitus ausgerichtet.

Patientin bei der Verhaltenstherapie zur Behandlung ihres Tinnitus.

Das Ziel dieser Therapie ist es,

  • Belastungsfaktoren, die den Tinnitus verstärken abzubauen
  • Negative Haltungen im Umgang mit dem Tinnitus verändern
  • Ressourcen zur Bewältigung des Tinnitus aufzubauen
  • ein vitales und selbstbestimmtes Leben zu führen

Mehr zur kognitiven Verhaltenstherapie

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Die Kalmeda Tinnitus-App ist eine vollständige kognitive Verhaltenstherapie. Sie bietet Dir eine wissenschaftlich basierte Therapie bei chronischem Tinnitus. Seit Oktober 2020 zählt sie zur Regelversorgung und ist die einzige digitale Tinnitus-Therapie, die von gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland erstattet wird.

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Chronischer Tinnitus – wie lässt er sich noch behandeln?

Neben der kognitiven Verhaltenstherapie gibt es weitere Möglichkeiten, einen chronischen Tinnitus zu behandeln. Zu den gängigsten gehören zum Beispiel das Tinnitus-Counseling, eine Hörtherapie, der Einsatz eines Hörgeräts oder eines Cochlea-Implantats, eine Psychotherapie und verschiedene Entspannungsmethoden. Aber auch Verfahren wie eine Musiktherapie, Akupunktur, hyperbare Sauerstofftherapie oder elektromagnetische Stimulation finden bei Tinnitus – meist ergänzend – Anwendung. Im Folgenden findest Du genauere Informationen – auch dazu, ob die Therapien von Medizinern empfohlen werden oder nicht. 

Tinnitus-Counseling

Das Tinnitus-Counseling ist eine umfassende Aufklärung des Patienten durch den Arzt über Ursachen und Bedeutung des Tinnitus sowie den Umgang damit. Es gilt als eine der Therapiegrundlagen bei der Tinnitus-Behandlung.

Die Ziele des Tinnitus-Counseling sind unter anderem3:

  • Tinnitus besser verstehen
  • Krankheit als mehrdimensional begreifen (nicht nur körperlich, sondern auch psychologisch und sozial)
  • Zusammenhänge mit anderen Störungen erkennen (zum Beispiel Hörminderung, seelische Belastungen, Lärm oder Hörsturz)
  • Ängste hinterfragen
  • Ziel der Tinnitus-Behandlung anpassen (Tinnitus-Gewöhnung statt Tinnitus-Beseitigung)
  • Ablenkungsstrategien erlernen
  • Wohlbefinden fördern
  • Stress besser bewältigen

Es kann dabei hilfreich sein, nicht nur einen HNO-Arzt, sondern auch einen Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zurate zu ziehen.

Hörgerät und Cochlea-Implantat

Häufig geht ein Tinnitus mit einer Hörminderung einher. In solchen Fällen kann ein Hörgerät bei der Behandlung des Tinnitus helfen. Verschiedene Studien belegen inzwischen positive Effekte von Hörgeräten in Bezug auf die Belastung durch die Ohrgeräusche4. Der Hintergrund: Je besser der Betroffene seine Umwelt wieder hört, umso weniger nimmt er den Tinnitus wahr.
Bei einseitiger oder beidseitiger Ertaubung ist es möglich, das Hörvermögen durch ein Cochlea-Implantat (CI) wiederherzustellen. In 70 Prozent der Fälle reduziert dies den Tinnitus oder er verschwindet sogar ganz4.

Psychotherapie

Ist die Belastung durch den Tinnitus für den Patienten so stark, dass er zu einer psychischen Erkrankung führt, hilft womöglich eine Psychotherapie. Sie kann den Leidensdruck lindern und die Lebensqualität verbessern. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn gleichzeitig eine Angststörung oder Depression besteht.

Entspannungsmethoden

Stress kann den Tinnitus verstärken. Es ist deshalb wichtig, so weit wie möglich Stress im Privat- und Berufsleben abzubauen.

Diese Entspannungsmethoden können Dir bei Tinnitus helfen:

  • autogenes Training
  • Yoga
  • Qigong
  • Tai Chi
  • progressive Muskelentspannung nach Jacobson
  • Feldenkrais
  • Meditation
  • Achtsamkeitsübungen

Weitere Informationen zu den einzelnen Behandlungsmöglichkeiten solltest Du in einem Termin mit Deinem Arzt oder Psychotherapeuten besprechen – klassisch vor Ort oder bequem von zu Hause per Video.

Hyperbare Sauerstofftherapie

Ein Behandlungsversuch, der im Zusammenhang mit Tinnitus auftaucht, ist die hyperbare Sauerstofftherapie – auch Druckkammertherapie genannt. Die Methode geht von folgender Annahme aus: Ein Tinnitus würde mitunter durch einen Mangel an Sauerstoff in den Sinneszellen des Ohrs verursacht. Die hyperbare Sauerstofftherapie soll diese Unterversorgung ausgleichen und dadurch die Beschwerden lindern.
Der Patient befindet sich während der Behandlung in einer Druckkammer, wo er erhöhtem Außendruck ausgesetzt ist. Über eine Maske atmet er Sauerstoff ein. Dadurch erhöht sich sowohl die Konzentration an Sauerstoff im Blut als auch im Innenohr.
Wichtig zu wissen: Diese Methode ist nur bei Patienten mit akutem Tinnitus (der seit weniger als 3 Monaten besteht) anwendbar und zeigt auch dann nur in 50 Prozent aller Fälle Wirksamkeit5.

Achtung!

Vor der Durchführung einer hyperbaren Sauerstofftherapie bei Tinnitus muss Dein Arzt vorliegende Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder der Lunge ausschließen. Während der Behandlung findet zusätzlich eine kontinuierliche Kontrolle des Blutdrucks und Herzschlags statt.

Nicht empfohlene Verfahren

Im Folgenden stellen wir Dir noch weitere Therapieverfahren vor, deren Wirksamkeit nicht wissenschaftlich belegt ist oder deren Anwendung medizinisches Fachpersonal nicht empfiehlt:

Hörtherapie

Die Hörtherapie (auch Audiotherapie) hat den Zweck, durch gezielte Übungen die zentrale Hörverarbeitung zu verbessern. Dazu gehören unter anderem Richtungshören, Überhören des Tinnitus und eine Fokussierung sowie Differenzierung (Unterscheidung von Höreindrücken) im Störlärm6.

Als Dauerbehandlung ist die Hörtherapie jedoch nicht geeignet. Das hat den Hintergrund, dass hier der Fokus darauf liegt, aktiv etwas gegen den Tinnitus tun zu müssen. Das schenkt ihm Aufmerksamkeit und macht ihn wichtig, anstatt ihn in den Hintergrund zu drängen.

Musiktherapie

Bei diesem therapeutischen Verfahren hört der Patient frequenzgefilterte Musik, die darauf abzielt, die Frequenzen des Tinnitus zu überdecken, um die Ohrengeräusche nicht mehr wahrzunehmen.
Folgende Herausforderungen gehen mit einer musiktherapeutischen Behandlung einher:

  • Nicht jedes Musikstück ist für die Therapie geeignet.
  • Ein wesentlicher Einflussfaktor ist dabei die individuelle Tinnitus-Frequenz, deren Bestimmung hohe Anforderungen mit sich bringt.
  • Die Komprimierung von Musik, wie etwa bei MP3, kann die Therapiequalität beeinträchtigen.
  • Manche Kopfhörer eignen sich weniger als andere.

Die Wirksamkeit einer Musiktherapie bei chronischem Tinnitus ist bisher nicht nachgewiesen4. Sinnvoll ist sie eher für eine Schulung der Hörfähigkeit. Verzichtet werden sollte hingegen auf die sogenannte Tailor-Made-Notched-Musik-Therapie (kurz TMNMT), bei der die Tinnitusfrequenz aus der selbstgewählten Musik per App oder Hörgerät herausgefiltert wird. Experten sehen hier keinen Nachweis zur Wirksamkeit – dafür aber ein mögliches Schadenspotenzial4.
 

Akupunktur

Als alternative Heilmethode bei Tinnitus gilt gemeinhin die Akupunktur. Sie dient häufig als Begleitbehandlung. Indem der Arzt oder Naturheilpraktiker die Akupunkturnadel an bestimmten Punkten in die Haut einsticht, soll beim Patienten der Energiefluss gefördert werden. Gegen chronischen Tinnitus bietet sich zum Beispiel eine Akupunktur am Ohr an, damit der Betroffene seine Beschwerden besser verarbeiten kann.

Der Erfolg dieser Therapieform lässt sich nur schwer ermitteln, nachgewiesen ist er bislang nicht4. Vermutlich wirkt sich die Akupunktur lediglich auf Schmerzen und Verspannungen aus, hilft jedoch nicht gegen den Tinnitus direkt.
 

Elektromagnetische Stimulation

Bei der elektromagnetischen Stimulation sollen mithilfe von Elektromagneten die Nervensignale, die den Tinnitus verursachen, positiv beeinflusst werden. Es gibt jedoch keinen Beleg für eine Wirksamkeit, die über einen Placebo-Effekt hinausgeht4. Aus diesem Grund sollte auf dieses Verfahren in der Tinnitus-Behandlung verzichtet werden.

Du hast es in der Hand – so gelingt die Tinnitus-Therapie im Alltag

Neben den ärztlichen und psychologischen Tinnitus-Therapien gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die Du selbst ergreifen kannst, um Deine Beschwerden zu lindern:

  • gesunde Lebensweise: ausgewogene Ernährung, Sport und Meiden von Alkohol sowie Nikotin
  • angenehme Aktivitäten: positive Erlebnisse, zum Beispiel den Hobbys nachgehen
  • Selbsthilfe und Selbsthilfegruppe: Austausch mit anderen Betroffenen in einer organisierten Gruppe
  • Lärmschutz: Ohren vor unnötigem Lärm schützen
  • Stille meiden: je stiller die Umgebung, desto mehr treten Ohrgeräusche in den Fokus
  • Entspannung: Stress und Konflikte reduzieren, inneres Gleichgewicht stärken und gelassen bleiben

Tipps für das Einschlafen bei Tinnitus

Ist ein Tinnitus gänzlich heilbar?

Eine frühzeitige Behandlung des Tinnitus erhöht grundsätzlich die Chancen auf Heilung. Wobei hier „Heilung“ die „Abwesenheit des Tinnitus“ beschreibt. Der Betroffene nimmt sein Ohrgeräusch nicht mehr wahr, es ist aber trotzdem noch da. Es kommt hierbei jedoch ganz auf die individuellen Umstände im Einzelfall an. Eine wichtige Rolle für die Tinnitus-Heilung spielt etwa auch dessen genaue Ursache.

Mehr zur Heilung vom Tinnitus

Achtung vor dem Teufelskreis – kann sich ein Tinnitus verschlimmern?

Das Tückische am Tinnitus ist: Je mehr Aufmerksamkeit Du dem Ohrgeräusch schenkst, umso mehr negative Gedanken entwickelst Du. Das wiederum löst Stress aus, wodurch sich der Tinnitus verstärkt. In der Folge liegt noch mehr Aufmerksamkeit auf dem Pfeifton. Stress ist also die Ursache als auch die Konsequenz des Tinnitus. Man spricht vom "Teufelskreis Tinnitus".

Diesen gilt es zu vermeiden. Deshalb ist eine aktive Mitarbeit des Patienten äußerst wichtig, um den Tinnitus bestmöglich zu behandeln.

Teufelskreis Tinnitus: Das Ohrgeräusch löst Stress aus, wodurch sich der Tinnitus verschlimmert.
Teufelskreis Tinnitus: Das Ohrgeräusch löst Stress aus, wodurch sich der Tinnitus verschlimmert.

FAQs zur Behandlung von Tinnitus

Bei akutem Tinnitus können abschwellende, durchblutungsfördernde Medikamente sowie Antibiotika helfen.

Die kognitive Verhaltenstherapie wird von Tinnitus-Experten zur Behandlung der Ohrgeräusche empfohlen2. Mit der Kalmeda Tinnitus-App steht Dir eine App-basierte kognitive Verhaltenstherapie zur Verfügung.

Bei einer Akupunktur aktiviert ein Arzt oder Naturheilpraktiker bestimmte Hautpunkte mit einer Nadel. Die Sitzungen sollen sich auf Schmerzen und Verspannungen auswirken und so den Tinnitus positiv beeinflussen. Dies ist jedoch nicht ausreichend belegt.

Schlimmer kann ein Tinnitus werden, wenn ein Teufelskreis aus psychischem Stress entsteht, der mitunter sowohl Ursache als auch Folge des Ohrensausens ist. Umso mehr der Betroffene daran arbeitet, diesen zu reduzieren, desto eher kann eine Verschlimmerung des Tinnitus verhindert werden.

Generell erhöht eine frühzeitige Behandlung die Heilungschancen. Im Gegensatz zu einem akuten Tinnitus verschwindet ein chronischer Tinnitus jedoch häufig nicht mehr ganz. Es gibt jedoch Möglichkeiten, ihn abzuschwächen.